Page 9 - BKK Pfalz Gesundheit 2018-3
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BKK PFALZ 9
SIND NUR FRAUEN GESTRESST?
Unser Lebenstempo hat sich in den letzten Jahrzehnten und vor allem
mit Verbreitung der digitalen Medien drastisch erhöht. Die evolutionäre Anpassung unseres Körpers verläuft daneben in Trippelschritten – der Mensch steckt körperlich gewisserma- ßen noch in der Steinzeit. Das betrifft Männer und Frauen gleichermaßen. Moderne Frauen müssen jedoch häu- fig eine Doppelbelastung schultern: Berufstätigkeit ist selbstverständlich, gleichzeitig bleibt in vielen Familien aber ein Großteil der Aufgaben in Haushalt und Familie an ihnen hängen. Auch die Pflegearbeit für Eltern und Großeltern ist ganz häufig „Frauensache“.
WAS DAUERSTRESS FÜR DEN WEIBLICHEN KÖRPER BEDEUTET – ZWEI BEISPIELE:
1. Das Nervensystem
Im vegetativen Nervensystem stehen sich Sympathikus und Parasympa- thikus gegenüber. Der Sympathikus bringt unseren Körper bei Stresssitu- ationen in Stellung: Er beschleunigt den Puls, verlangsamt das Verdau- ungssystem, fährt die Libido herunter und schüttet das Hormon Cortisol aus. In Ruhephasen erledigt der Pa- rasympathikus ein Regenerationspro- gramm. So das Ideal. Nach Beobach- tungen von Libby Weaver dominiert bei den meisten Frauen aber der Sym- pathikus, weil sich eine Herausforde- rung an die nächste reiht. Das führt zu ständiger Anspannung und innerer Unruhe. Und in so einer Situation ver- stärken eigentlich harmlose oder gute Gewohnheiten den Stress zusätzlich:
Das geliebte Ritual, Kaffee zu trinken
Denn Koffein feuert das „sympathi- sche Nervensystem“ an.
Übertriebener Sport
Intensives Training nimmt der Körper ebenfalls als Stress wahr. Übrigens:
WEGE AUS DER STRESSFALLE
Jede Frau kennt die individuellen Stressfaktoren in ihrem Leben, und oft weiß sie in ihrem tiefsten Inneren auch, was sie ändern müsste. Um das wirklich umzusetzen, darf sie sich ruhig geeignete Hilfe holen. Doch auch einfache Maßnahmen können das Stresslevel schon senken:
• Bewusst und tief atmen
• Ruhige, atembetonte Sportarten wie Yoga, Tai-Chi, Qigong
• Einige Wochen auf Koffein und Alkohol verzichten –
und schauen, wie der Körper reagiert
• Deutlich vor Mitternacht ins Bett gehen und mindestens
sieben Stunden schlafen
• In einem Tagebuch regelmäßig notieren, was gut gelaufen ist,
und so positive Gedanken zulassen
Übertriebener Sport erhöht das Stresslevel.
Dauergestresste Frauen stellen
oft fest, dass sie trotz Sport und disziplinierter Ernährung nicht ab- nehmen. Woran das liegt? Solange das Stresshormon Cortisol aktiv ist, wird Fett eingelagert (für eine ver- meintliche Hungersnot). Der Körper verbrennt nur Glukose (was langfristig zum Abbau von Muskelmasse führt), die Fettreserven bleiben.
2. Das Hormonsystem
Die häufigste Hormonstörung, die Lib- by Weaver bei ihren Klientinnen beob- achtet, ist eine sogenannte Östrogen- dominanz. Östrogen ist das Hormon, das in der ersten Zyklushälfte den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut anregt. Nach dem Eisprung sorgt Progesteron dafür, dass die Schleim- haut erhalten bleibt (und erst mit der Monatsblutung abgestoßen wird). Ein
Übermaß an Stresshormonen signa- lisiert dem Körper jedoch, dass eine Schwangerschaft unpassend ist – und der Progesteron-Spiegel sinkt. Ein an- derer Grund für die Östrogendominanz im Blut ist, dass die Leber das Hor- mon nur unzureichend abbaut. Das geschieht, wenn sie beispielsweise durch Alkohol, Koffein und/oder Zu- cker überlastet ist.
Wichtig für Frauen in
den Wechseljahren:
Wenn die Eierstöcke ihre Hormonpro- duktion einstellen, erhält die geringe Menge Progesteron, die in der Neben- niere erzeugt wird, noch mehr Bedeu- tung. Doch wenn der Sympathikus dominiert, produziert die Nebenniere nur wenig Progesteron. Stress zu reduzieren ist vor und während der Wechseljahre daher entscheidend.
BUCHTIPP
Dr. Libby Weaver:
Das Rushing Woman Syndrom
Trias Verlag, 277 Seiten, 19,99 Euro


































































































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