Page 11 - BKK Pfalz GESUNDHEIT 2019-2
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Fakt ist: In der Pubertät beginnt
ein massiver Umbau des kindlichen Gehirns. Eine zentrale „Baustelle“ ist dabei die Hirnregion, die plant, vorausschauend handelt, abwägt und Impulse kontrolliert. Das hat Auswirkungen auf das Verhalten der Teenies und erklärt etwa ihre mit- unter gedankenverlorene oder plötz- lich aufbrausende Art, Vergesslich- keit, mangelnden Ordnungssinn und größere Risikobereitschaft.
Der Umbauprozess im Gehirn wird nie wieder im Leben so massiv sein. Gerade jetzt spielt es eine entscheidende Rolle, womit sich die Jugendlichen beschäftigen. Entspre- chend verstärken sich im Gehirn viel benutzte Nervenverbindun-
gen, weniger benutzte sterben ab. Und da wären wir auch schon beim Smartphone, das genau in dieser Lebensphase eine große Rolle spielt.
GESUNDHEITSPROBLEME DURCH HANDYS?
Viele Eltern sind verunsichert: Schadet die Strahlung dem Gehirn? Wie könnte ein „guter“ Umgang mit Handy und Co. aussehen? Nach einer Statistik von 2017 haben 88 Prozent der Zwölf- bis 13-Jährigen und bereits 94 Prozent der 16- bis 18-Jährigen ein Smartphone. Was Handystrahlung angeht, geben die WHO und das Bundesamt für Strah- lenschutz Entwarnung: Die Strah- lung verursache keine nachweis- baren gesundheitlichen Probleme.
BUCHTIPP
Sprechen Sie mit Ihrem Kind über Risiken der Internetnutzung.
Aber stundenlang krumm dasitzen und auf das Smartphone
starren kann doch nicht gesund sein, oder? Der
derzeit größte Kritiker ist Hirnforscher Prof. Manfred Spitzer. Er
sieht die gesunde Hirn- entwicklung bei Kindern
und Jugendlichen in Gefahr. Zudem drohten Kurzsichtigkeit, Bluthochdruck oder ein sogenann-
ter „Handynacken“, also eine Fehl- entwicklung im Halswirbelbereich, die auch die Blutzufuhr zum Gehirn erschweren kann. Noch problemati- scher ist für Spitzer, dass der Nach- wuchs seine Zeit kaum mehr drau- ßen in der Natur und mit Freunden verbringt. Wichtige soziale Kompe- tenzen wie Einfühlungsvermögen und Empathie lerne man nicht am Bildschirm, sondern nur im wirkli- chen Leben, so seine Kritik.*
KLARE REGELN FÜR DIE SMARTPHONE-NUTZUNG
Zum wirklichen Leben gehören auch Kompromisse. Medienpädagogen wie Matthias Jung plädieren nicht für generelle Verbote, sondern für klare Regeln bei der Handynutzung, an die sich auch die Eltern – als Vorbilder für ihre Kinder – halten sollten:
• Gemeinsame Mittag- und •Abendessen sind handyfrei.
Ab 21 Uhr wird das Handy
ausgeschaltet, ggf. auch der •WLAN-Router.
Handyfreie Zeiten nach Bedarf, auch am Wochenende, um gemeinsam etwas zu unter- nehmen und Reizüberflutung zu
• vermeiden.
Keine Fotos oder Filme von Familienangehörigen oder Freunden posten ohne deren ausdrückliches Einverständnis. Das gilt auch für Baby- und
•Kinderfotos oder -filme. Haben Sie ein Auge auf das, was Ihr Kind tut.
Das Internet und seine Nutzung ist ein sehr weites Feld. Wenn Sie in diesem Bereich selbst nicht fit sind, suchen Sie für das Kind einen „Medienpaten“ aus der Familie oder Ihrem Freundeskreis, der ihm Rede und Antwort steht und auch fach- kundig einmal die Sicherheitsein- stellungen des Handys überprüft.
BUCHTIPP
Viele hilfreiche, humorvolle Tipps im Um- gang mit Pubertierenden und zum Thema Mediennutzung lesen Sie im Buch von Matthias Jung: „Chill mal! Am Ende der Geduld ist noch viel Pubertät übrig“.
Edel Books, 224 Seiten, 16,95 Euro. ISBN 978-3-8419-609-0.
Unser sorgloser Umgang mit dem Smart- phone hat gesundheitliche Folgen, so Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer. Mit seinem Buch „Die Smartphone-Epidemie – Gefahren für Gesundheit, Bildung und Gesellschaft“ will er aufklären. Klett-Cotta Verlag, 352 Seiten,
3. Aufl., 20,00 Euro (e-Book: 15,99 Euro). ISBN 3608963685.
*SWR, „Leute live“ mit Manfred Spitzer, 6.4.2017, zu finden bei YouTube
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