Page 14 - BKK Pfalz Gesundheit 2020-1
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Einsamkeit: ein Gefühl, das wahrscheinlich so alt ist wie die Menschheit, jedoch heute aktu- eller denn je erscheint – trotz oder gar wegen der digitalen Vernetzung? In Großbritannien gibt es seit 2018 ein „Ministerium für Einsam- keit“. Der deutsche Psychiater Manfred Spitzer spricht von der „unerkannten Krankheit“, die nicht nur Alleinstehende trifft. Wie einsam sind die Menschen in Deutschland, und wie findet man aus der Einsamkeit wieder heraus?
Ganz allein?
Warum Einsamkeit gerade in unserer Zeit offenbar so virulent ist, dafür su- chen Forscher noch nach Erklärungen. Ein Aspekt ist sicher die gestiegene Lebenserwartung. Im Alter ist das Ri- siko größer, dass Kontakte wegbre- chen. Doch auch junge Menschen le- ben in einer Gesellschaft, die individualistischer geworden ist. Sing- le zu sein muss zwar nicht automa- tisch Einsamkeit bedeuten. Aber wer alleine lebt und auch zu seiner Familie nur lockeren Kontakt hat, für den fal- len schon einmal einige Begegnungs- möglichkeiten mit anderen Menschen weg. Die sozialen Medien können die Vereinzelung im realen Leben nicht kompensieren. Im Gegenteil: Wer sie extensiv nutzt, kann ein Stück weit verlernen, wie man mit einem tatsäch- lichen Gegenüber in Kontakt tritt und Verbindung hält. Und auch der Trend zum mobilen Arbeiten sorgt dafür, dass die Begegnungen mit Arbeitskol- legen immer seltener werden.
INTERVIEW
„Sich Möglichkeiten schaffen“
Sonia Lippke, Professorin an der Jacobs University in Bremen
Kaum jemand ist von heute auf morgen einsam. Und auch der Weg aus der Einsamkeit kann länger sein. Doch er ist zu schaffen, so die Psy- chologin Sonia Lippke, Professorin an der Jacobs University in Bremen.
Was sind die ersten Schritte raus aus der Einsamkeit? »SONIA LIPPKE: Wer sich einsam fühlt, strahlt oft über Mimik und Kör- perhaltung eine gewisse Traurigkeit aus. Herabhängende Schultern, ein
gekrümmter Rücken und runterge- zogene Mundwinkel signalisieren dem Gehirn wiederum, dass es einem schlecht geht. Um aus dieser Negativspirale auszubrechen, sollte man sich kleine positive Erlebnisse schaffen. Dafür eignen sich ganz alltägliche Situationen: In Bahn oder Bus schaut fast niemand den ande- ren an, viele starren auf ihr Smart- phone. Um das zu durchbrechen, genügt es schon, dem Menschen gegenüber in die Augen zu schauen oder zu lächeln und freundlich „Hallo“ zu sagen. Die meisten Menschen reagieren sehr positiv,
12%
der Deutschen fühlen sich häufig oder ständig einsam.*


































































































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