Digitale Medien und die Pubertät

Etwa im Alter von zehn Jahren bahnt sich der hormonelle Umschwung an: Die Pubertät. Für alle Beteiligten an sich schon ein Wechselbad der Gefühle. Dazu kommt dann noch die Auseinandersetzung über die Nutzung digitaler Medien.

Fakt ist: In der Pubertät beginnt ein massiver Umbau des kindlichen Gehirns. Eine zentrale „Baustelle“ ist dabei die Hirnregion, die plant, vorausschauend handelt, abwägt und Impulse kontrolliert. Das hat Auswirkungen auf das Verhalten der Teenies und erklärt zum Beispiel ihre mitunter gedankenverlorene oder plötzlich aufbrausende Art, Vergesslichkeit, mangelnden Ordnungssinn und größere Risikobereitschaft.

Der Umbauprozess im Gehirn wird nie wieder im Leben so massiv sein. Gerade jetzt spielt es eine entscheidende Rolle, womit sich die Jugendlichen beschäftigen. Entsprechend verstärken sich im Gehirn viel benutzte Nervenverbindungen, weniger benutzte sterben ab. Und da wären wir auch schon beim Smartphone, das genau in dieser Lebensphase eine große Rolle spielt.  

„Wie funktioniert das Internet?“

Das erklärt sehr anschaulich ein gleichnamiges YouTube-Video des Schweizer Radio und Fernsehens. Denn Kinder und Jugendliche, aber auch viele Erwachsene haben keine rechte Vorstellung davon, wie das Internet funktioniert und wie es sich alles „merkt“.

Gesundheitsprobleme durch Handys?

Viele Eltern sind verunsichert: Schadet die Strahlung dem Gehirn? Wie könnte ein „guter“ Umgang mit Handy und Co. aussehen? Nach einer Statistik von 2017 haben 88 Prozent der Zwölf- bis 13-Jährigen und bereits 94 Prozent der 16- bis 18-Jährigen ein Smartphone. Was Handystrahlung angeht, geben die WHO und das Bundesamt für Strahlenschutz Entwarnung: Die Strahlung verursache keine nachweisbaren gesundheitlichen Probleme.

Aber stundenlang krumm dasitzen und auf das Smartphone starren kann doch nicht gesund sein, oder? Der derzeit größte Kritiker ist Hirnforscher Prof. Manfred Spitzer. Er sieht die gesunde Hirnentwicklung bei Kindern und Jugendlichen in Gefahr. Zudem drohten Kurzsichtigkeit, Bluthochdruck oder ein sogenannter „Handynacken“, also eine Fehlentwicklung im Halswirbelbereich, die auch die Blutzufuhr zum Gehirn erschweren kann. Noch problematischer ist für Spitzer, dass der Nachwuchs seine Zeit kaum mehr draußen in der Natur und mit Freunden verbringt. Wichtige soziale Kompetenzen wie Einfühlungsvermögen und Empathie lerne man nicht am Bildschirm, sondern nur im wirklichen Leben, so seine Kritik.*

Klare Regeln für die Smartphone-Nutzung

Zum wirklichen Leben gehören auch Kompromisse. Medienpädagogen wie Matthias Jung plädieren nicht für generelle Verbote, sondern für klare Regeln in der Handynutzung, an die sich auch die Eltern – als Vorbilder für ihre Kinder – halten sollten:

  • Gemeinsame Mittag- und Abendessen sind handyfrei.
  • Ab 21 Uhr wird das Handy ausgeschaltet, ggf. auch der WLAN-Router.
  • Handyfreie Zeiten nach Bedarf, auch am Wochenende, um gemeinsam etwas zu unternehmen und Reizüberflutung zu vermeiden.
  • Keine Fotos oder Filme von Familienangehörigen oder Freunden posten ohne deren ausdrückliches Einverständnis. Das gilt auch für Baby- und Kinderfotos oder -filme.
  • Haben Sie ein Auge auf das, was Ihr Kind tut.

Das Internet und seine Nutzung ist ein sehr weites Feld. Wenn Sie in diesem Bereich selbst nicht fit sind, suchen Sie für das Kind einen „Medienpaten” aus der Familie oder Ihrem Freundeskreis, der ihm Rede und Antwort steht und auch fachkundig einmal die Sicherheitseinstellungen des Handys überprüft.

 Buchtipps

  • Viele hilfreiche, humorvolle Tipps im Umgang mit Pubertierenden und zum Thema Mediennutzung lesen Sie im Buch von Matthias Jung: „Chill mal! Am Ende der Geduld ist noch viel Pubertät übrig“. Edel Books. 224 Seiten. 16,95 Euro. ISBN 978-3-8419-609-0.
  • Unser sorgloser Umgang mit dem Smartphone hat gesundheitliche Folgen, so Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer. Mit seinem Buch „Die Smartphone-Epidemie – Gefahren für Gesundheit, Bildung und Gesellschaft“ will er aufklären. Klett-Cotta Verlag, 352 Seiten, 3. Aufl., 20,00 Euro (e-Book: 15,99 Euro). ISBN 3608963685.

 

*SWR, "Leute live" mit Manfred Spitzer, 6.4.2017, zu finden bei YouTube.