Grüner Star: Neues aus der Wissenschaft

Die Ursachen eines Glaukoms sind längst nicht bis ins Detail erforscht. Sicher ist jedoch, dass ein gesunder Lebensstil die klassische medikamentöse Behandlung des „grünen Stars“ positiv beeinflusst.

In Deutschland sind rund 923.000 Menschen von einem Glaukom betroffen — umgangssprachlich auch grüner Star genannt. In den meisten Fällen handelt es sich um ein sogenanntes primäres Offenwinkelglaukom (POWG): eine langsam fortschreitende Erkrankung des Sehnervs, bei der es zu einem Verlust an Netzhautzellen kommt. Unbehandelt führt sie zur Einschränkung des Gesichtsfelds* und kann sogar zur Erblindung führen.

Derzeit bekannte Risikofaktoren für ein POWG

Zunehmendes Alter, ein erhöhter Augeninnendruck, starke Kurzsichtigkeit und eine familiäre Prä­disposition gehören zu den Risikofaktoren für ein POWG. Außerdem können Bluthochdruck, Diabetes und Schlafapnoe die Entstehung begünstigen.

Der individuell erhöhte Augeninnendruck beim POWG entsteht vor allem durch eine Abfluss-­Störung des Kammerwassers im Auge. Ziel einer Behandlung ist es deshalb, den Augeninnendruck mittels Augentropfen oder gegebenenfalls auch mit einem Lasereingriff oder einer Operation zu senken.

Reduzierte Sauerstoffversorgung

Interessanterweise gibt es aber Patient*innen mit hohem Augeninnendruck, die ein intaktes Gesichtsfeld behalten, andere mit normalem Druck hingegen entwickeln glaukomatöse Schäden. „Forscher*innen sind dem nachgegangen und zu dem Schluss gekommen, dass es sich bei einem Glaukom um eine neurodegenerative** Erkrankung handelt, wodurch Netzhaut und Sehnerv nicht mehr genügend mit sauerstoffreichem Blut versorgt werden“, erklärt Professor Dr. Carl Erb, ärztlicher Leiter der Augenklinik am Wittenbergplatz in Berlin.

Entzündliche Prozesse reduzieren

„Zu solch einer Sauerstoff-­Unterversorgung des Auges kann es sowohl durch entzündliche Prozesse als auch durch oxidativen Stress im Körper kommen“, so Professor Dr. Erb weiter. Stress entsteht durch sogenannte freie Radikale, die im Körper zwangsläufig freigesetzt werden, wenn Energie produziert wird. Dieses „Abfallprodukt“ des Stoffwechsels hat allerdings einen entscheidenden Nachteil: Es kann Entzündungen im Körper verursachen, die Gift für feine Nervenstrukturen sind. Um sich vor Radikalschäden zu schützen, hält der Körper mit verschiedenen Schutzsystemen dagegen — unter anderem mit gespeicherten Antioxidantien, die wir auch mit einer guten Ernährung aufnehmen können.

Ernährung mit Schutzfaktor

Greifen Sie zu bei Lebensmitteln, die antioxidativ wirken:

  • Obst und Gemüse. Besonders dunkle Sorten enthalten viele Antioxidantien.
  • Hochwertige Öle wie etwa kaltgepresstes Olivenöl.
  • Kaffee, wenn Sie nicht mehr als drei Tassen täglich trinken.
  • Salate, die leicht bitter schmecken, wie etwa Rucola oder Radicchio, sowie Gemüse mit Bitterstoffen – beispielsweise Artischocken.
  • Nüsse und auch Kräuter sind besonders wertvolle Antioxidantien-Lieferanten.
  • Auch die Einnahme antioxidativer Nahrungsergänzungsmittel kann sinnvoll sein. Sie sollten diese Mittel aber nur nach ärztlicher Absprache einnehmen.
  • Essen Sie möglichst zu festen Zeiten, um den Rhythmus Ihres Stoffwechsels zu unterstützen.

Sie verstärken die Schutzwirkung, wenn Sie gleichzeitig Lebensmittel reduzieren, die entzündliche Prozesse fördern. Dazu gehören beispielsweise Zucker, Weißmehlprodukte, Wurstwaren oder rotes Fleisch.

Mikrobiom des Darms

Darüber hinaus richtet die Glaukom-Forschung ihr Augenmerk auch auf das Mikrobiom unseres Darms — ein Ökosystem aus Bakterien, Pilzen, Viren und anderen Mikroorganismen. Denn es gibt Hinweise darauf, dass es sich bei Menschen mit Glaukom anders zusammensetzt als bei Menschen ohne diese Erkrankung. Eine große Bakterienvielfalt gilt aktuell als Marker eines stabilen, die Gesundheit unterstützenden Mikrobioms. Die gute Nachricht: Durch eine Ernährungsumstellung können wir unser Mikrobiom direkt positiv beeinflussen.

Wichtig: Die Empfehlungen stellen eine Ergänzung der Glaukom­-Behandlung dar. Sie ersetzen nicht ärztlich verordnete Augentropfen zur Senkung des Augeninnendrucks.

* Der Sehbereich, den man wahrnimmt, ohne die Augen zu bewegen.
** Neurodegenerative Erkrankungen sind Erkrankungen der Nervenzellen – zumeist des Gehirns. Auch Alzheimer und Parkinson zählen dazu.
Quelle: Augenärztliche Akademie Deutschland vom Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e. V. (BVA) und Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG), Pressekonferenz am 16.3.2022