Sauer macht fit

Vom koreanischen Kimchi bis zum wiederentdeckten heimischen Sauerkraut: Fermentiertes Gemüse liegt im Trend – weil es sich leicht selbst herstellen lässt, dem Darm guttut und die Geschmacksknospen kitzelt.

Fermentation ist eine der ältesten Konservierungsmethoden und in fast allen Kulturen der Welt bekannt. Das chemische Grundprinzip ist die Gärung: Mikroorganismen wie Hefe, gute Bakterien oder Schimmelpilze wandeln in einer luftdichten Umgebung Kohlenhydrate in Milchsäure, Kohlendioxid oder Alkohol um. Das Praktische ist: Auf Gemüse befinden sich schon Milchsäurebakterien, die die Fermentation in Gang setzen können – je besser man das Gemüse zerkleinert, desto mehr bakteriell besetzte Oberfläche entsteht. Salz, das bei jeder Fermentation hinzugegeben wird, fördert das Bakterienwachstum. Die gewachsenen „guten“ Bakterien schaffen ein saures Milieu, in dem schädliche Keime, die das Lebensmittel verderben würden, nichts zu melden haben. Das macht das verwandelte Gemüse monatelang haltbar.

Mehr als Nostalgie

In den Zeiten von Kühlschrank und globalem Handel geht es nicht vorrangig darum, die Sommerernte winterfest zu machen. Dennoch ist das Fermentieren alles andere als eine Erinnerung an Urgroßmutters Küche, denn es bietet bewussten Essern handfeste Vorteile:

  • Auf dem Gemüse vermehren sich Verdauungsenzyme und nützliche Bakterien. Fermentierte Lebensmittel zählen deshalb zu den natürlichen Probiotika, die es besonders gut mit unserem Darm meinen. Dafür sorgen beispielsweise die zahlreichen Milchsäurebakterien, die die Darmflora stärken.
  • Komplexe chemische Zusammensetzungen des Gemüses werden in einfache, leichter verdauliche umgebaut. Weil Lebensmittel bei der Fermentation gewissermaßen vorverdaut werden, sind sie bekömmlicher.
  • Anders als bei anderen Konservierungsmethoden nimmt der Vitamingehalt nicht ab – im Gegenteil: Bei der Fermentation entstehen Vitamin C und B-Vitamine, dazu nützliche Enzyme und Bakterien.
  • Durch die Fermentation verändert sich das Gemüse in der Konsistenz (es wird weicher) und im Geschmack (es wird saurer). Ob man es lieber mag als roh oder gebraten, ist Geschmacksache – fest steht aber: Die Fermentation fügt unserem Speiseplan neue, komplexe Aromen hinzu.

In bester Gesellschaft

Die Fermentations-Fraktion ist ziemlich groß und vielfältig. Der Salami beispielsweise werden bei der Reifung mikrobakterielle Starterkulturen hinzugefügt, damit sie ihr typisches Aroma entwickelt. Sauerteig ist fermentiertes Mehl. Diesem Backspezialisten verdankt die Küchentechnik sogar ihren Namen – „fermentum“ bedeutet im Lateinischen „Sauerteig“. Eine wichtige Rolle spielt die Fermentation bei Milchprodukten – durch die „Impfung“ mit verschiedenen Kulturen entsteht eine ganze Reihe verschiedener Lebensmittel: Joghurt gedeiht mithilfe von Milchsäurebakterien, Kefir durch den Kefirpilz, der aus Hefe und Bakterien besteht.

Übrigens: Auch wenn schwarzer Tee traditionell als fermentiertes Lebensmittel gilt, sprechen Kenner heute lieber von Oxidation, weil die Blätter mit und nicht unter Ausschluss von Sauerstoff reagieren.

Rezept für Einsteiger: Fermentierte Dillkarotten

1 kg Karotten
1 Bund frischer Dill
1 EL Meersalz

  1. Die Karotten schälen und raspeln. Die Stängel des Dills hacken, um sie gleichmäßig mit dem Dill zu vermischen.
  2. Karotten und Dill in einer Schüssel mischen, mit Meersalz bestreuen und kurz durchkneten, bis es sich feucht anfühlt.
  3. Die Mischung in ein sauberes 1-Liter-Gefäß mit Drahtbügel füllen. Dabei jede Handvoll fest hineindrücken, damit die Luftblasen entweichen. Das Gefäß dicht befüllen und darauf achten, dass die Karotten ganz von der ausgetretenen Flüssigkeit bedeckt sind. Oben 2,5 cm Luft im Glas lassen.
  4. Das Gefäß verschließen und fünf Tage bei Raumtemperatur fermentieren lassen. Die Karotten halten bis zu sechs Monate.

Das Rezept stammt aus dem Buch „haltbar“ von Dearbhla Reynolds (BLV Buchverlag, ISBN 978-3-8354-1666-6). Die Britin führt in die Grundlagen des Fermentierens ein und hat jede Menge kreative Rezepte um die Fermentation entwickelt – von Gemüse über Brot bis zu Desserts.